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The world is wide. Swim it. Ride it. Run it.

  • AutorenbildFabian Kremser

Land der Berge, Land am Strome...

Diese Zeilen zu tippen fällt mir nicht leicht, aus verschiedenen Gründen. Einerseits ist da meine grundsätzliche Ablehung gegenüber allem, was man irgendwie als "Rennbericht" bezeichnen könnte, andererseits ist es nie ganz verkehrt, sich auch einmal ganz offen mit sich selbst auseinanderzusetzen. Das Resultat, in diesem Fall: lest selbst.

Ich bin Österreicher. Zumindest auf dem Papier, es ist nicht so, dass ich Kaiserschmarrn atmen und Heurigen bluten würde. Auch war meine Kindheit bei weitem nicht sonderlich von Postkaiserlichem Patriotismus geprägt. Da meine Eltern beide Berufsmusiker sind und man in diesem Feld der Betätigung wohl vor allem dorthin geht, wo eine Stelle ruft, wurde ich in der Schweiz geboren und lebe noch immer hier. Gleichzeitig dürfte das auch der Grund sein, weshalb besagte Kindheit aber dennoch ein gerüttelt Mass an Mozart und Konsorten enthielt, denn in der klassischen Musik kommt man um die Herren nun mal kaum herum.


Doch auch abseits der musikalischen "Erziehung" schwingt da Zeit meines Lebens etwas mit, das mich hin und wieder deutlich spüren lässt: auch wenn ich hier lebe, arbeite und gerne bin, "Schweizer" bin ich keiner. Es wird mir keiner sagen können, wo genau der Unterschied zwischen den Staatsbürgern und den Eidgenossen liegt. Ich kann es auch nicht, fällt es mir ja schon schwer, nur schon das Bairisch konkret vom Austriazismus zu unterscheiden. Wobei ich lernen durfte, dass das, was man gemeinhin unter "Österreichisch" versteht, aus linguistischer Sicht wohl durchaus mit dem Bairischen gleichzusetzen ist. Und wenn wir schon dabei sind: eh klar, dass so etwas deppertes nur auf dem Mist von irgendeinem Preussen gewachsen sein kann.


Wie dem auch sei: dieses Jahr beschloss ich, mein erstes Rennen der Saison in St. Pölten zu bestreiten. Einerseits, weil das dortige Rennen der Challenge-Family einen guten Ruf hat, andererseits aber auch, weil mein Vater und sein Bruder dort leben und sich die gut 600 km zwischen hier und dort leider nicht jederzeit einfach so herunterrödeln.


Freitag war Anreise, Samstag Check-In und Sonntag ging es los, pünktlich um halb 8. Und damit sind wir an dem Punkt, den ich jetzt ganze drei Abschnitte mit vielen Worten herauszögern konnte: dem Rennen selbst.


Warum sträube ich mich so, über einen Wettkampf zu schreiben?


Wo soll ich anfangen? Da ist zum einen mal die Tatsache, dass ich diesen Sport nun schon in meiner 25. Saison betreibe. übersetzt heisst das: was ich an ansatzweise Originellem über so einen Wettkampf in mir hatte, wurde bereits vor Jahrzehnten in allen Farben und Formen verpulvert. Zum anderen will ich auch einfach nicht zum gefühlt 100. mal irgendetwas schreiben, das sich liest, als würde ein besoffener Schimpanse versuchen, einen Teleprompter zu ehelichen.


Letzten Endes geht es hier um Triathlon, also dürfte es naheliegen, dass ich im Laufe des Tages irgendwann einmal schwimmen, radeln und laufen war. Womit eigentlich schon das Meiste gesagt ist... aber vielleicht finde ich doch noch ein paar Details.


Beim Schwimmen durfte ich nämlich erleben, dass man auch nach über 24 Jahren in dem Sport noch Neues lernen kann. So gesehen war es absolut positiv, dass ich nach knappen 100m der Schwimmstrecke einen üblen Asthma-Anfall hatte, der eine astreine Panickattacke auslöste. Dass das unangenehm war, muss ich kaum erklären. Bald noch mühsamer als die Atemnot war allerdings die Situation, in der ich mich nun befand: selbstredend war ich in der allerersten Reihe gestartet, da fangen wir nichts Neues mehr an. Und nun war ich haargenau der Depp, der mitten in einer Horde von gerade gestarteten Schwimmerinnen und Schwimmern auf einmal anhält und Wasser tritt... es würde mich wundern, wenn da nicht irgendwo ein Video davon herumschwirrte. Der, der da den Betrieb so richtig aufhält: das wär´dann ich.


Der Gedanke daran, das Sanitätsboot herbeizuwinken, das 10m entfernt dümpelte, lag nahe, doch da kam der altbekannte Trotz in mir hoch: Kremser, das machst du nicht. Und irgendwann ging´s ja eh wieder, also kam ich doch noch zu dem, was eigentlich auf dem Plan gestanden hatte: ich schwamm.

Dass das Rennen für mich emotional nicht einfach werden würde, war mir im Voraus klar (die Gründe dafür werde ich hier nicht breittreten). Also hatte ich einen Plan: Ich würde genau das tun, wovon ich meinen Athletinnen und Athleten jeweils tunlichst abrate. Mein Ziel war, sobald ich auf dem Rad sass, einfach mal in die Pedale zu treten. Und zwar so hart, wie es ging. Denn: zum einen wusste ich nicht, was das sein würde und zum anderen führen die ersten 20km der St. Pöltener Strecke über eine gesperrte Autobahn. Sprich: bester Belag, keine Autos, etwas Wingeschützt. Wenn nicht hier, wo dann?


So fuhr ich denn diese ersten Kilometer auch wie vom Lemmes gebissen. Tatsächlich zeigte mir meine Auswertung an, dass ich in den ersten 60min die höchste Leistung gefahren war, seit ich so etwas überhaupt aufzeichne. Und das war... tatsächlich komplett bescheuert, denn nach etwa 40 Kilometern ist man bei einer Mitteldistanz noch nicht mal in der Hälfte der Radstrecke. Die Rechnung für den Exploit kam denn auch mit Zinsen, die ich jedoch ohne Reue und Unmut zahlte. Einmal mehr: das hatte ich ja nicht nur in Kauf genommen, sondern regelrecht so geplant. Und hier kommt ein einfaches Gesetz zum Tragen: du kannst an einem Wettkampf nicht Blödsinn bestellen, kommunizieren und ausführen und gleichzeitig Exzellenz erwarten.

Dies gesagt hatte ich aber dennoch Zeit, mir die Strecke ein wenig anzusehen. Die Wachau ist nämlich wirklich ein wunderschöner Ort. Einer, an dem die Welt noch in Ordnung scheint. In den kleinen Dörfchen und entlang der Donau wird man von der Apfelkönigin im Dirndl begrüsst, die örtliche Feuerwehr ist zur Streckensicherung eingeteilt, was sie aber nicht davon abhält, bereits morgens um 10 bereits einen ordentlichen Rausch im Gesicht zu haben und die Heurigen machen auch mal etwas früher auf, damit man sich bei Schmalzbrot, Wurstplatte und lokalem Wein ansehen kann, wie da einige Zeitgenossen auf dem Rad wie die Irren durch die Landschaft brettern. Man munkelt, dass die das nicht nur freiwillig tun, sondern sogar dafür bezahlen, was man zwar nicht nachvollziehen kann, bei bester Stimmung aber jederzeit mit lautem Anfeuern goutiert.

Und ja: auch wenn ich rein physisch am erwählten Limit lief, konnte ich mich eines leichten, warmen Gefühls in der Herzgegend nicht erwehren. Das war durchaus ein wenig... Heimat? Auf jeden Fall entschädigte es für vieles, das einzige, was ich der Streckenführung ein wenig ankreide, ist dieser vermaledeite Berg, den sie uns unbedingt nach etwa 60 Kilometern noch vor die Nase setzen mussten. Doch auch hier: nur, weil mir das Bergfahren nicht liegt, heisst das nicht, dass ich es am Ende nicht doch gerne mache...


Und dann gab es da noch etwas Laufen zum Abschluss. Das gehört schliesslich dazu und hier konnte ich in der Stadt St. Pölten meinen Eltern zuwinken, die an die Strecke gekommen waren. Der Lauf entlang der Traisen war an sich ganz nett, meine Beine taten, was sie sollten und irgendwie fühlte ich mich auch ganz gut. Hier kann ich nichts spektakuläres berichten, zumindest nicht von mir. Dass sich eine Würfelnatter vor mir über den Weg schlängelte, lenkte mich kurz ein wenig ab (hab' ich gegoogelt. Ich weiss, dass eine Giftschlange hier noch etwas Drama geliefert hätte, aber... die gibt's in Niederösterreich nur sehr bedingt und vor allem wohl in Terrarien). Was mich jedoch echt überwältigte, waren die Verpflegungsstationen: ich glaube, die gesamte St. Pöltener Stadtjugend hatte sich an diesem Sonntag hier eingefunden. Wie diese Jungs und Mädels hier Einsatz zeigten, war einfach nur fantastisch. Da war Lärm, da war Jubel, jede Athletin, jeder Athlet wurde angefeuert, gepusht, gefeiert und gleichzeitig im Übermass mit Schwämmen, Getränken und allem versorgt, was man sich nur wünschen konnte.

Meine Lieben, ich habe keine Ahnung ob ihr Pfadfinder wart oder einfach nur geile Socken, aber so etwas wie hier in St. Pölten habe ich noch bei keinem Rennen erlebt! Das will etwas heissen, denn ich mach' das alles ja nicht erst seit gestern. Dafür bedanke ich mich von Herzen, es war als Athlet und Mensch einfach eine tolle Erfahrung.


...und dann war ich im Ziel. Warum sie mir dieses Band hinhielten, ist mir schleierhaft, denn ich glaube kaum, dass ich zu dem Zeitpunkt noch so gut ausgesehen hätte, dass man mir hier ohne mein Wissen eine "Mr."-Krone aufsetzte. Nett wars trotzdem.

Was nun bleibt ist, sich hiervon gut zu erholen, die nötigen Schlüsse zu ziehen und dann die entsprechenden Schritte zu unternehmen. Denn auch wenn es für mich einmal mehr ein Rennen war, bei dem nicht alles so lief, wie ich es gerne hätte: mir wurde einmal mehr bewusst, dass dieser Sport schlicht und einfach mein Leben ist. Und ich freue mich auf das nächste Mal, welches übrigens wieder in der "Heimat" stattfinden wird. Auf nach Kirchbichl.


Herzlich,



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