Muse, küss mich. Es ist an der Zeit, über Sport zu schreiben und nach zwei Wochen auf der Kanareninsel Lanzarote fällt mir das, da bin ich ehrlich, alles andere als leicht. Ich habe zum Beispiel keine Ahnung, wo ich anfangen soll.
Vielleicht hier: Es war ganz klar ein Meilenstein, dass es dieses Jahr endlich mit einem von meiner Firma organisierten Trainingslager auf den kanarischen Inseln geklappt hat. Geplant hatten wir das schon die zwei Jahre davor, doch nach Corona und sonstigen Unsicherheiten mit dem Reisen mussten wir jedes Mal vorzeitig den Stecker ziehen.
Dieses Mal war jedoch schon im November klar: Vom 25. Februar bis um 10. März 2024 werden wir auf Lanzarote sein und dort in zwei Gruppen insgesamt 16 Athletinnen und Athleten durch ein Trainingslager führen. Besonders war daran auch, dass wir von fast ausschliesslich unseren eigenen, von uns gecoachten Athletinnen und Athleten begleitet wurden.
Kurz gesagt war dieses erste Camp durchaus erfolgreich und wir werden versuchen, in Zukunft weitere solche Trainingslager zu organisieren.
Da ich hier aber versuche, über meinen eigenen Weg zu schreiben, möchte ich vorerst versuchen, meine Firma für einmal aussen vor zu lassen.
Ganz ehrlich: ich war nicht sicher, wie ich auf die Insel reagieren würde. Zuletzt war ich 2018 auf Lanzarote gewesen, als ich zwei meiner Athleten in einem privat organisierten Camp betreuen durfte. Dieser Aufenthalt dort war damals ein Wendepunkt in meinem Leben gewesen, der mich jedoch zunächst auf einen Weg führte, der alles andere erbaulich war. «Roads less travelled», sozusagen.
Ich mag mich sehr genau daran erinnern, wie ich damals einen Moment der Klarheit erlebte, als wir durch die Hitze und den Wind zwischen den Lavafeldern dahinfuhren. Die endlos wirkende, klare Luft, der schwarze Boden, der heulende Wind und das singende Carbon der Fahrräder hüllten mich ein wie eine Blase, durch welche die Energie, die ich auf der Insel schon immer gespürt hatte, mit einer Wucht in mich eindrang, dass sie mich geradezu überwältigte.
Nach einer Zeit, in der es in meinem Leben ausser der Arbeit und der wunderbaren Zeit mit meiner damaligen Band «Koenix» nicht viel Anderes gegeben und die ich mit bereits zwei vollendeten Burnouts quittiert hatte, fühlte ich mich dort zum ersten Mal seit einer gefühlten Ewigkeit wie ich selbst. Wie… ein Athlet.
Mit jeder Umdrehung meiner Kurbeln wurde mir deutlicher und deutlicher bewusst, dass ich mich Zeitweise Dingen gewidmet hatte, die für meine Existenz zwar notwendig gewesen waren, die jedoch dazu geführt hatten, dass ich das, was mich unterm Strich zu dem machte, was ich war und sein wollte, unterwegs verloren hatte. Der Sport war nur noch zur Theorie verkommen, meine Träume zu Dingen, die ich anderen zu realisieren half.
Sechs Jahre später fuhr ich über die gleichen Strassen, durch die gleichen Lavafelder, an den gleichen, alleine und trotzig in den Himmel ragenden Palmen vorbei. Hinter mir lag – liegt – eine Zeit, die ich niemandem wünsche und die mich doch an den Ort gebracht hat, an dem ich heute bin. Und vor mir?
Wir hatten 2018 im Rahmen unseres Camps an einem kleinen Rennen teilgenommen und die Fotos, die als Erinnerung geblieben waren, wurden mir ausgerechnet in diesen Tagen als solche angezeigt. Was mich bei der Betrachtung am meisten traf, war die Tatsache, dass ich mit dem unterdessen bestehenden Abstand mit voller Gewissheit sagen kann: darauf war alles zu sehen. Hätte ich mir die Zeit genommen, mich selbst damals ein wenig genauer anzusehen, wären sie mir vielleicht aufgefallen, die Anzeichen dafür, dass sich meine emotionale Gesundheit im freien Fall befand.
Hätte ich es verhindern können? Hätte ich es aufhalten können? Hätte ich die Weitsicht oder nur die Kraft besessen, mir Hilfe zu holen? Mir selbst einzugestehen, dass ich nach und nach kaputt ging?
Wenn ich ehrlich mit mir selbst bin: vermutlich nicht. Hätte ich mir damals Hilfe gesucht, wäre der Weg mit grosser Wahrscheinlichkeit über Medikamente gegangen. Und ob die meiner Leistungsfähigkeit zuträglich gewesen wären, sei dahingestellt. Ich war noch nie sonderlich überzeugt von der Idee, in erster Linie die Symptome zu bekämpfen, anstatt vielmehr die Ursache zu beheben.
Auch wenn die letzten Jahre mich an Orte brachte, die ich niemals besuchen wollte, von denen ich nicht einmal wusste, dass sie existieren, führten sie mich auf über einen Weg, von dem ich sagen kann, dass mich kaum noch etwas schreckt.
Die Energie war noch da. Genau wie damals stieg sie durch den Boden hindurch zu mir auf und ich konnte spüren, dass ich nun in der Lage war, «meiner» Insel zu sagen: Ich bin zurück. Und ich bin besser als vorher.
Dafür bin ich dankbar.
Herzlich,
Fabian
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