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The world is wide. Swim it. Ride it. Run it.

  • AutorenbildFabian Kremser

Zweifel

Soll ich? Soll ich nicht? Ist es an der Zeit? Soll ich noch warten? Zweifel gehören zum Leben eines Sportlers wie das Amen in der Kirche.

Ich mag Erfolgsgeschichten. Hollywood (und heute eher Netflix und Amazon) ist voll davon. Inspirierende Filme, die uns zeigen, dass wir auch aus der tiefsten Verzweiflung, aus den tiefsten Zweifeln heraus, das Wunderbare schaffen können. Oder das vermeintlich Unmögliche.


Solche Filme sehe ich mir hin und wieder gerne an, wobei es da eine Sache gibt, die mich immer stört. Und zwar die Tatsache, dass die allermeisten dieser Filme einen ganz, ganz wichtigen Teil auslassen. Nämlich den, der die unendlich harte, unermüdliche Arbeit der Protagonistinnen und Protagonisten darstellt, die in eigentlich jedem einzelnen Fall stattgefunden hat. Sei das die Arbeit an sich selbst, die Arbeit der Hände, das Training, überhaupt.

Das macht dramaturgisch einen gewissen Sinn. Denn: das will niemand sehen. Dieser Satz ist in dem Fall sehr doppeldeutig: Zum einen mag sich kaum jemand einen Film ansehen, in dem man eine Stunde lang dabei zusieht, wie jemand beispielsweise Holz bearbeitet, um einen bestimmten Schnitt zu perfektionieren. Zum anderen will niemand vor Augen geführt bekommen, dass es genau das ist, was den Erfolg am Ende ausmacht.


Das ist so eine weitere Sache unserer Zeit: Erfolgscoaching! Ich bekenne mich da selbst schuldig, da ich ja immer wieder Menschen dabei helfe, ihren persönlichen Erfolg zu haben. Was ich mir jedoch auf die Fahne schreibe, gross und in dicken Buchstaben, ist, dass ich dabei nie, nie, niemals irgendjemandem falsche Hoffnungen mache. Ich habe noch nie in meiner Laufbahn irgendjemandem gesagt, er oder sie brauche nur fest genug an sich zu glauben, damit sich der Erfolg einstellt. Stattdessen war ich jedes einzelne Mal äusserst ehrlich: Wenn du X willst, musst du dafür arbeiten, und zwar so hart wie für sonst nichts in deinem Leben.


Klar, dass das einige schnell wieder von ihren Ideen abbringt, doch darum geht es hier nicht. Heute möchte ich mir die Frage stellen, warum denn wieder und wieder Zweifel an dem aufkommen, was wir tun.


Heute Morgen hatte ich selbst so einen Moment. Ich war damit beschäftigt, mein Tagebuch auszufüllen und meine morgendlichen Körpermessungen durchzuführen. Und auf einmal kam da diese Frage auf: warum mache ich das eigentlich? Es ist ja nicht so, dass mir da irgendwer Lob oder Anerkennung dafür ausspricht. Es weiss nicht einmal jemand davon, dass ich das alles auf mich nehme, da ich mich selbst coache (und immer wieder völlig neue Level der Persönlichkeitsspaltung damit erschliesse). Wozu das alles also? Wird mir das irgend etwas bringen?


Die Antwort ist in diesem Fall: Ja, ganz sicher. Das Problem ist ja nicht, dass ich mir irgendetwas ausgedacht und dann ins Blaue hinein angefangen habe, sondern dass ich stattdessen vor einiger Zeit zu der Erkenntnis kam, dass ich gar nicht genug über meinen Körper lernen kann. Und während das über Strecken hinweg auch einmal nicht allzu aufregend sein kann, ist das gleichzeitig auch ein Grund zur Veranlassung: funktioniert der Körper, funktioniert alles darum herum.


Sind Zweifel also am Ende ein Mangel an Bestätigung und Anerkennung? Dass man als Athletin oder Athlet manchmal vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sieht, ist mir aus allen Perspektiven klar. Dass man deshalb versucht ist, auch einmal irrational zu handeln, ebenfalls.


Was mir jedoch regelmässig weh tut, auch und vor allem, wenn ich mich selbst in dieser Position wiederfinde ist, dass man sich in solchen Momenten auch einmal dazu hinreissen lässt, sich auf eine Art und Weise zu verhalten, die einem selbst nur schadet. Dinge persönlich zu nehmen, die es beispielsweise gar nicht sind. Trainings völlig zu übertreiben, nur, um sich selbst zu beweisen, dass man es "noch kann". Dem Trainer die Schuld geben, wenn es nicht klappt. Und so weiter...


Das ist ein weiteres Ziel für mein 2022: ich möchte gerne weniger dieser Zweifel haben und ich vor allem in der Lage sehen, besser mit ihnen umzugehen. Zweifellos, eben.


Herzlich,

Fabian


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