Bevor wir das Jahr 2021 verabschieden, haben wir noch den Schritt 7 von 8. Irgendwie passt das ganz gut, denn besagter Schritt 8 (oder vielleicht eher: die Schritte 8.1 und 8.2) machen sich gut, um etwas Neues zu beginnen!
Wart ihr auch schon mal in der Situation, dass euch ein Ziel oder gar ein Traum abhanden gekommen ist und ihr völlig ratlos wart, wie es denn nun weitergehen sollte? Das ist nicht schön, oder? Wusstet ihr damals, wem ihr die Schuld geben konntet?
Damit soll niemandem etwas unterstellt werden, doch funktioniert unsere Psyche leider gerne mal genau so: wenn wir etwas vermeintlich verlieren, suchen wir jemanden oder etwas, dem wir die Schuld daran geben können.
In unserem Beispiel hier geht es nach wie vor darum, sich persönlich weiter zu entwickeln und wir durchlaufen gerade einen Schritt nach dem Anderen, der entweder eine Lösung bringen oder aber wieder zum Ausgangspunkt zurück führen kann.
Die Erklärung, die Überforderung, Erklärungen, die man findet, Schuldgefühle, die man hat, Bestrafungen, die man sich selbst auferlegt und dann irgendwann die eigenen Probleme, die man bei anderen ebenfalls erkennt und dort mit Erfolg missbilligt... das alles führt irgendwann dazu, dass man sich auf vermeintlichem, moralisch höher gelegenen Terrain wähnt und an einen Punkt kommt, an dem man anderen die Schuld zuweist daran, dass man selbst noch nicht weiter im Leben ist. Und natürlich wäre das auch ganz einfach, oder? Es wäre oft so schön, wenn man einfach tatsächlich jemanden finden würde, der schuldig ist daran, dass man z.B. immer wieder Trainings auslässt, abkürzt, das Essen doch nicht so genau plant, die Zeit doch nicht so gut einteilt, und, und, und...
Leider ist das so gut wie nie so.
Im Coaching, besonders im Sport, ist es natürlich naheliegend, dass man als erstes den Coach oder den Trainer verantwortlich macht. Das kennt man vom Fussball: Jahresziel nicht erreicht = Trainerwechsel.
Ich bin mir durchaus bewusst, dass ich diese Position immer wieder einmal innehabe und auch manchmal als Sündenbock herhalten muss. In den meisten Fällen tritt das ein, wenn eine Athletin oder ein Athlet über längere Zeit die Kooperation komplett verweigert, in erster Linie dahingehend, dass Trainings praktisch immer zu kurz, zu lang oder zu intensiv sind. Man versucht, sich zu pushen, quält sich... und erreicht doch nichts. Fazit: der Trainer schreibt schlechte Pläne, ist doch ganz klar, der hat ja keine Ahnung. Und dann will er noch, dass ich lockerer mache... ja, sicher.
Auch hier kann ich mit gutem Gewissen sagen: Been there. Done that. Ich spreche aus Erfahrung. Und behaupte gleichzeitig, dass ich einer der wenigen bin, die in dieser Situation nicht den "normalen" Weg gingen, sondern zuhörten und lernten.
Ich weiss noch sehr gut, als ich im dritten Jahr meiner ersten Profikarriere das erste Mal an einen Punkt kam, an dem ich versucht war, alles auf andere zu schieben. Zum einen mal war das in etwa die Zeit, zu der meine damalige Freundin mir immer mehr einredete, dass ich mich mit dem Training nur kaputt machen würde und mich doch schonen sollte, überdies sollte ich dringendst etwas für meine Ausbildung tun, das ginge so ja nicht. Ich hatte zu dem Zeitpunkt zwar meine Ausbildung zum Triathloncoach begonnen, doch war ihr das nicht akademisch genug. Den Hintergrund begriff ich erst später, nach unserer Trennung: sie wollte damals eigentlich gerne Musik studieren, was ihr jedoch von ihren Eltern verboten worden war. Das hatte dazu geführt, dass sie sich frustriert durch ein Studium biss, welches ihr von vorne bis hinten widerstrebte. Dem gegenüber stand ich, der ohne nach links und rechts zu sehen seinen Weg ging, abseits aller Konventionen und auch "vernünftiger" Berufsaussichten.
Mein Problem war, dass ich irgendwie auch nach einiger Zeit noch zu verknallt war um zu erkennen, dass mich das komplett kaputt machte und alles an mich heran liess. Auf einmal begann ich, mir selbst einzureden, dass ich mich im Training doch lieber schonen solle, dass es vernünftiger wäre, erst einmal irgend ein Diplom oder ein Studium zu beenden, und so weiter. Was dazu führte, dass ich natürlich keine wirkliche Leistung mehr brachte. Es half nicht, dass dieser Umstand meine Holde nur in ihren Ansichten bestätigte.
Ich brauche das auch nicht weiter auszuführen, denn es liegt irgendwie auf der Hand, was kommen musste: meine Performance wurde immer schlechter und ich war versucht, ihr die Schuld zu geben. Oder auch meinem Trainer. Oder beiden. Denn: es war ja klar, dass mich die hinderten und zurückhielten, oder?
Die Realität sieht Leider so aus, dass ich selbst derjenige war, der sich beeinflussen liess. Ich wollte es allen recht machen - und vergass, dass "alle" auch die eine Person mit einbezog, mit der ich wahrhaftig 24/7 verbrachte: mich selbst.
Ich habe das immer noch in mir und es abzulegen fällt mir schwer. Ich bin immer noch gerne mal versucht, mich selbst zurückzunehmen, um Dinge zu tun, die andere gerne hätten. Und ich ertappe mich immer wieder dabei, wie ich dann eben diesen Leuten die Schuld daran geben will, wenn ich ein Training verpasse oder sonst etwas tue, das mich nicht unbedingt weiterbringt.
Aus diesem Grund kann ich in solchen Situationen sehr gut nachvollziehen, wie unglaublich hart es sein kann, wenn man an diesem Punkt angelangt ist. Und kann gleichzeitig auch mit gutem Gewissen sagen, dass man da nur durch eine ordentliche Dosis Realität herauskommt. Die kann ernüchternd sein, brutal, entzweiend... oder aber trotz allem (oder vielleicht: gerade deswegen?) auch sehr befreiend.
Nun denn. Belassen wir es für dieses Jahr dabei. Und sehen zu, was uns das neue Jahr so bringt.
Kommt gut rüber.
Herzlich,
Fabian
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