Fast drei Wochen. So viel hat mich meine letzte Episode an "Fabian's Immunsystem macht einen Hard-Reset" gekostet. Schlimm? Nein, aber ganz im Sinne von meiner gestrigen Litanei über den Geist nicht gerade einfach.
Die ersten Meter der "neuen Saison" im Pool waren in den letzten zwanzig Jahren immer etwas Besonderes. An sich ein Tag wie jeder Andere, war es gleichzeitig auch der Beginn von etwas Grossem, Neuem. Heute! Die ersten Meter waren geschwommen, das neue Jahr hatte begonnen, nun galt es, jeden Tag ein Stückchen besser zu werden.
Es kam immer wieder einmal vor, dass ich kurz darauf krank wurde und dann eine Weile wieder pausieren musste. Was mich zwar jedes Mal nicht begeisterte, dennoch aber auch nicht vollends aus dem Konzept warf. Ich war ja jung, unsterblich und hatte Zeit, oder?
Eigentlich könnte ich mir ja sagen, dass das grundsätzlich noch immer so ist. Dass ich noch immer jung bin, noch immer unsterblich und dass ich noch immer Zeit habe.
Eigentlich.
Praktisch klappt das nur bedingt, denn während ich mich rein körperlich durchaus nicht viel anders fühle als noch vor, sagen wir, 15 Jahren... halt. Das stimmt nicht. Ich fühle mich definitiv anders als damals, doch in einem absolut positiven Sinn. Ich weiss mehr über mich, meinen Körper und meine Gesundheit, fühle mich stärker, bin koordinierter und beweglicher. Also im Prinzip: viel deutlicher auf Kurs!
Was jedoch anders ist als damals, ist das Ding mit der Zeit. Zwar habe ich die immer noch, ja, doch bin ich mir ihrer auf einmal bewusst. DAS ist anders. Und es fällt mir schwer, damit rational umzugehen.
Wo früher ausschliesslich reines Potential zum Fortschritt war, ist auf einmal noch jenes des Scheiterns präsent. Wo ich früher noch voller Elan ins Becken gesprungen bin, überlege ich mir heute vor jedem Set, ob ich auch wirklich das trainiere, das mich an mein Ziel bringen wird. Wo ich mich stundenlang beim Laufen verausgabte, halte ich mich zurück, um nichts kaputt zu machen, wo ich fast ohnmächtig vom Rad fiel, trainiere ich auf ein einzelnes Watt genau.
Das ist so weit alles in Ordnung, doch dabei gehen Dinge verloren. Feine, fragile Dinge. Dinge wie Flow, Begeisterung und Leidenschaft. Mir kommt hier jener Teil aus dem wunderbaren Film "Life Cycles" von Derek Frankowski in den Sinn, in welchem das Voiceover sagt (vage und sehr frei übersetzt):
Ich hab' mal gelesen dass das Leben ein einziger Akt des Suizids sei. Das ist wahr. Vermutlich sind wir die einzigen Kreaturen auf dem Planeten, die sich dessen bewusst sind. "Es wird sowieso sterben, da können wir es gleich für uns selbst nehmen".
Also nehmen wir. Wir nehmen und nehmen noch mehr. Doch indem wir das tun, töten wir andere, weniger greifbare Instanzen. Dinge wie Flow, Freude, Interaktion, Sinn. Ein weiterer Weg durch die Welt geht verloren. Nicht einer einzelnen Person, doch durch Instinkt, Überleben, dem Chaos des Lebens selbst.
Wir verbringen Stunden damit nachzudenken, zu planen, zu hinterfragen.
Oder wir können uns für ein paar wenige Sekunden in einem einzelnen Moment verlieren. Keine Zeit um zu denken, nur für die Reaktion. Fokus. Alle Sorgen und Wünsche werden hinweggewaschen. (...) DAS ist Leben.
Das ist Leben... Wenn ich zurückdenke, dann war es früher genau das, was mich bei meinem Sport so sehr begeisterte. Nicht zu denken, nur zu agieren, reagieren, mich in dem Moment zu verlieren. Gelang es mir, das für einige Stunden zu tun, hatte ich ein perfektes Rennen, ungeachtet der Zielzeit.
Was ging schief?
Ich fing an zu denken und zu hinterfragen.
Dann setze ich das doch einfach mal ein, oder? Ich denke nun, dass es an der Zeit ist, nicht nur ins Training zurückzukehren, sondern auch zum Flow. Zu der Begeisterung, der Energie, der Leidenschaft.
Zum Leben,
Herzlich,
Fabian
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