Wie plant man den eigenen Erfolg? Wie plant man das überhaupt? KANN man Erfolg denn planen?
Ja, das kann man absolut. Tatsächlich gehört es zu meinem Beruf, IST es mein Beruf, genau das zu tun. Da sollte es also doppelt leicht fallen, das alles auch bei mir selbst anzuwenden... oder?
Wenn es denn nur so einfach wäre. Wie unglaublich wichtig und stark eine Stütze, ein Coach, auf einem solchen Weg ist, weiss ich nämlich leider ebenfalls. Und DIESEN Part des Jobs kann ich für mich nur sehr bedingt selbst wahrnehmen. Ich kann zwar mit mir selber reden, doch ist das nicht unbedingt fruchtbares Terrain.
Was hingegen hilft, sind Zahlen und Fakten, denn an und mit denen lässt sich arbeiten. Also mal los - wo stehe ich denn?
Ganz objektiv konnte ich in diesem Sommer von mir behaupten, dass ich so fit war nie noch nie zuvor. Ich lief Paces, fuhr Leistungen wie sie zuvor nie möglich waren. So weit habe ich also die Bestätigung dass das, was ich in den letzten anderthalb Jahren getan habe, sowohl richtig war als auch aufging. Mein Ziel war, meinem Körper eine Basis zu geben und ihn robuster zu machen, widerstandsfähiger für das, was dann kommt. So weit, so gut.
Nun wäre es natürlich eine Möglichkeit zu sagen: okay, was ich tue, funktioniert, ich mache genau so weiter und dann komme ich an mein Ziel. Tatsache ist: das wird nicht passieren. Denn was ich die letzten anderthalb Jahre gemacht hatte war, meine Körper wieder aus einem Loch der Vernachlässigung, Depression und suboptimaler Ernährung zu holen und ihn wieder an einen Punkt zu bringen, an dem Sport wieder der Alltag ist.
Natürlich gab es da auch Kommentare, wenn ich einmal sagte, dass ich nicht mehr so schnell bin wie früher. "Du wirst halt älter".
Fuck off.
(An dieser Stelle: kurze Pause um ob der Tatsache zu schmunzeln, dass meine Autokorrektur das F-Wort nun 3x in Folge in "Duck" verwandelte).
Darüber lasse ich mich gerne ein anderes Mal aus, jetzt geht es mehr darum, dass dieser Weg bis hierher schon nicht allzu einfach war. Doch ich bin ihn gegangen und es hat funktioniert. Ich KANN nun wieder 12, 13 km/h laufen, stundenlang, ohne zu ermüden. Ich KANN wieder 4, 5, 6km im Pool schwimmen, 3 Tage hintereinander, ohne zu krepieren. Ich KANN wieder 150km auf dem Rad fahren an einem normalen Nachmittag. Das konnte ich or zwei Jahren um diese Zeit nicht.
Nun ist es also an der Zeit, etwas zu ändern, einen Gang hoch zu schalten, neue Wege einzuschlagen. Und damit wären wir bei dem Thema der Navigation, denn das ist es letzten Endes, was Trainingsplanung im Wesentlichen ist. Und bei der Navigation ist es immer wieder einmal nützlich, sich mit Tatsachen auseinander zu setzen. Ich weiss, ich weiss, ich reite immer wieder auf den Gleichen Dingen herum, doch komme ich nach wie vor nicht über diesen "ich-lasse-mir-doch-von-der-Realität-nicht-vorschreiben-was-ic-wahrnehme" - Blödsinn hinweg. Spielen wir das doch mal durch:
Auf hoher See, irgendwo vor Neufundland.
Funker: "Captain, da kam gerade die vierte Eiswarnung, wir sollten unsere Geschwindigkeit drosseln".
Kapitän: "Quatsch, dieses Schiff aus Stahl und Eisen ist unsinkbar. Volle Kraft voraus!"
Die Realität kam dann, in Form eines Eisbergs und später eines tollen Soundtracks, begleitet von mehreren Oscars und einem Haufen junger Männer, die auf einmal völlig neue Ideen hatten, wie sie ihre Angebeteten aus den Kleidern bekamen.
Ich bin nicht unsinkbar. So viel weiss ich. Also nehme ich den Sextanten, der in meinem Fall die Diagnostik ist, sowie die Eiswarnung ernst, in diesem Beispiel gekonnt dargestellt von meinem körperlichen Empfinden. Und ich nehme mir die Seekarte zur Hand, auf der ich meine nächsten Ziele klar sehe und anvisiere.
Status Quo: Gewicht, Körperfett, Ökonomie, Schwellenleistung, Fatmax.
Bewertung: Zu hoch, zu hoch, teils zu tief, Ist wie es ist, zu tief.
Und was plane ich nun?
Ganz klar muss mir sein, dass das nicht einfach wird. Als allererstes muss ich mir nämlich auch eingestehen, dass ich seit unterdessen mehr als anderthalb Jahren konsequent im Training bin. Eine kurze Zwangspause dank Krankheit Ende 2020 mal aussen vor gelassen. Das heisst auch: ich bin müde. (Das mag als Überraschung für einige daher kommen, doch ja. Auch nach einem mehr oder minder in den Grundlagen verankerten Aufbau kann man irgendwann einmal müde sein und einen Break benötigen). Und das ist einmal mehr einer der Gründe, weshalb ich derzeit meinen Start am Ironman IRONMAN Barcelona ordentlich in Frage stelle. Ich bin müde, brauche derzeit unheimlich viel Schlaf, bin alles andere als dynamisch unterwegs und mag auch irgendwie einfach nicht mehr pushen. Das Verletzungsrisiko ist nach wie vor erhöht, so kurz nach Kopenhagen. Also könnte ich mal so anfangen:
Off-Saison. Jetzt. Bis z.B. am 10.10., was an sich der Zeitpunkt gewesen wäre, nach Barcelona mal zu erholen. Das könnte ich schon früher tun, und zwar richtig.
Dann: Darmsanierung. Hat mir Training nicht viel zu tun, zugegeben, doch wäre es eine gute Idee, nach mehreren Monaten Sportfood einmal ordentlich aufzuräumen. Zeitgleich dazu: Beweglichkeit und Koordination trainieren.
Dann: Stoffwechselkur, Ziel: Körperfett reduzieren. Ja, die Stoffwechselkur. Auch dazu ein anderes Mal mehr. Zeitgleich: Ganz lockere Basis, weitere Beweglichkeit, Ökonomie und Erholung.
Und dann? Ab dafür. Dann ist es November und Zeit, wieder richtig mit allem einzusteigen, das man sich wünschen kann.
Irgendwie passt mir diese Idee gerade gar nicht so schlecht...
Herzlich,
Fabian
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