Es lässt sich nicht schönreden: Medien und medialer Beschuss sind eine Tatsache in unserer Welt, rund um die Uhr. Ob auf den "sozialen" Medien, über Websites von ehemaligen Printmedien oder tatsächlich noch in der Form von Zeitungen: wir werden mit Informationen eingedeckt, ob wir es nun wollen oder nicht.
Ich mag mich daran erinnern, dass mein Vater früher immer, jeden Morgen, die Zeitung las. Für mich war das enorm langweilig, denn zum einen waren alle Bilder schwarzweiss, zum anderen viel zu viel Text und dann ging es immer und ausschliesslich nur um Dinge, die mich kein Bisschen interessierten. Irgendwie kam da was durch, dass es in einem Land mal wieder Krieg gab, doch nachdem ich mich versichert hatte, dass besagtes Land KEINE Grenze besass, die auf der anderen Strassenseite unseres Zuhauses verlief, widmete ich mich wieder Dingen, die für mich relevant waren.
Vielleicht machte ich damals instinktiv etwas richtig?
Natürlich fragte ich meinen Vater damals, warum er sich das täglich antat, diese Seiten und Seiten von Kolonnen und Buchstaben. Die Antwort: Man muss sich doch informieren!
Man muss sich doch informieren...
Man muss sich doch informieren...
Okay. Dann muss "man" das eben. Und vielleicht stimmt es sogar. Doch bin ich der festen Überzeugung, dass ich die Dinge, die ich wirklich wissen MUSS, erfahre, ob ich jetzt in Zeitungen und Internet surfe oder nicht. Denn mal ehrlich: was ist für mich im Augenblick relevant?
Ich muss wissen, welche Bestimmungen von der Schweizer Regierung bezüglich des Coronavirus verabschiedet werden, was sie für mich und meinen Alltag bedeuten und wie sie mich möglicherweise einschränken - oder auch nicht. Diese Informationen erhalte ich auf der Homepage der Regierung oder aber des Bundesamtes für Gesundheit.
Was ist sonst noch relevant für mich? Ich meine, WIRKLICH relevant? Wie viel Steuern ich bezahlen muss? Das wird mir sogar per Brief mitgeteilt. Meine Arbeitstermine? Auch die erhalte ich durch Textnachrichten, Telefone, direkte Buchungen und Emails.
Wenn ich es mir so überlege, dann brauche ich weder den medialen Beschuss von Social Media noch den von diversen Zeitungen oder schon gar nicht vom Fernseher. Ich denke, ich kann mit gutem Gewissen sagen, dass runde 98% der Nachrichten, die durch den Äther flattern, auf mein Leben keinen besonderen Einfluss haben. Ausser, dass sie mich beunruhigen, belasten, mir Angst machen oder aber auf der anderen Seite mir suggerieren, was ich alles wo kaufen könnte, um mich besser zu fühlen.
Warum haben wir dann also diese Medien?
Ich wage mal eine These: wir haben sie, um unser Leben mir Dankbarkeit zu füllen!
Oh, nein, nicht etwa Dankbarkeit darüber, wie gut es uns geht, du liebe Zeit! Es geht und nämlich nicht gut, wie soll es das auch, wenn unser Nachbar diesen neuen Flachbildschirm mit gefühlten fünf Metern Bildbreite für CHF 500.- weniger bekommen hat als wir unseren mit nur 4,80m Breite?
Nein. Wir sind beim Konsum von Medien vor allem Dankbar dafür, dass es UNS nicht so dreckig geht wie DENEN (wer auch immer das war).
Ich tauche die Hand jetzt mal tief in dieses Schlammloch. Es ist noch nicht allzu lange her, dass durch die Print- und Onlinemedien geisterte. Passt auf, ich hab's nochmals für euch:
"Sinnbild der Tragödie", so wurde es betitelt, und das zurecht: ein Syrischer Junge, der die Flucht übers Mittelmeer nicht überlebt hatte und deshalb tot am Strand von Lampedusa angespült worden war.
Natürlich hatte das zur Folge, dass die Spendengelder nur so flossen und sich mehrere Freiwillige sofort auf den Weg machten, um dort unten vor Ort zu helfen.
NICHT!
Oh, das wäre auch zu schön gewesen. Nein, stattdessen erfüllte uns das Bild mit Dankbarkeit: Dafür, dass wir NICHT dort waren und dass uns das Ganze eben NICHTS anging.
Nach kurzer Zeit kippte das in Wut um, ja, doch auch hier: nicht etwa in Wut darüber, dass so etwas in unserer Welt überhaupt passiert, sondern in Wut auf "die Flüchtlinge". Wie konnten die es wagen, ausgerechnet dort anzulanden und zu sterben, wo wir unseren wohlverdienten Urlaub geplant hatten? Wo kommen wir denn da hin? Da muss man doch was machen! Also... "man". Nicht ICH. Aber eben... du weisst schon. "Man". Die Regierung. MEINE Steuergelder und so, tut mal was.
Ich bin noch nicht fertig, denn jetzt machen wir den Sprung in die Gegenwart. Die Medien werden nämlich in letzter Zeit mehr und mehr verteufelt. Sie sind gekauft, voller Fake News, sollen uns versklaven und was weiss ich noch alles. Und vielleicht stimmt das ja auch, ich weiss es nicht. Ich habe aber eine kleine, ein wenig andere Theorie.
Auf einmal liefern uns die Medien nicht die Möglichkeit, uns besser zu fühlen, dankbar zu sein dafür, dass es ANDEREN viel schlechter geht... auf einmal sind WIR die anderen. Irgendwie sind auf einmal ALLE die anderen. Denn dieses blöde Virus geht uns alle etwas an. Und das macht uns Angst. Sehr sogar. Doch die Angst ist nicht einmal unbedingt die um unsere Gesundheit, sondern vielmehr darüber, dass wir uns mit einer enorm unangenehmen Tatsache konfrontiert sehen: es wäre durchaus möglich, dass das Leben, wie wir es bisher kannten, sich nun etwas verändern wird. Und das wollen wir nicht. Wir haben davor eine so grosse Angst, dass wir eher bereit sind, der noch so absurden Theorie Glauben zu schenken, wenn sie es uns irgendwie möglich macht, weiterhin an unserem Wohlstand und hohen Standard festzuhalten. Wir stürzen uns auf jeden dahergelaufenen YouTube-Prediger, der uns "beweist", dass das Virus nicht existiert, dass die Impfung nichts nutzt, dass das alles eine Verschwörung ist und wir uns in einer Diktatur befinden. Alles, was es uns ermöglicht, eben NICHTS zu verändern.
Ich meine das nicht abfällig. Auch mir wäre es lieber anders. Und es tut mir leid, dass so viele Menschen so viel Angst haben müssen. Ich bin einer davon, das Ganze belastet mich ganz schön. Oft hilft da einfach folgender Satz: This, too, shall pass. Wird es irgendwann.
Herzlich,
Fabian
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