Heute denke ich über etwas nach, das mich schon seit einiger Zeit begleitet und das mir auch ziemlich viel Spass bringt. Einfach, weil Ichs mag und und kann.
Irgendwo, in den Tiefen der Nacht, piept es. Es braucht eine ganze Weile, bis es zu mir durchdringt. Man errät es schon: der Wecker. Nun muss ich gestehen, dass ich diese Erfindung an sich ja wertschätze, bin ich doch so ein Unhold, der sich selbst als "Morgenmensch" bezeichnet.
Und schon bin ich in Erklärungsnot. Nein, ich stehe nicht zwingend gerne um fünf Uhr früh auf. Derzeit ist es draussen dunkel, kalt und alles in allem eher unfreundlich. Auch müsste ich es theoretisch nicht, doch ich habe mir nun mal vorgenommen, das berüchtigte Gold, das diese unchristliche Stunde angeblich im Mund hat, für mich zu beanspruchen.
Ganz ehrlich: was für ein Haufen Unsinn. Fünf Uhr früh hat vor allem eines: den dringenden Wunsch, wieder ins Bett zu gehen, sich die Decke über den Kopf zu ziehen und in der gleichen Geste den Wecker mal eben elegant an die Wand zu pfeffern.
Und doch stehe ich auf. Zwar nicht immer mit dem gleichen Elan, oh nein. Doch immer wieder und unterdessen mit einer Erkenntnis, die mir, sollte ich sie eines Tages beweisen können, mit Sicherheit einen Nobelpreis in praktisch angewandter Physik und auch Biologie bekommen werde. Von beidem habe ich wenig Ahnung, bin mir jedoch sicher: Zeit und Raum SIND miteinander verbunden, krummbar und man kann durch sie hindurch reisen. Was man tut, und zwar in dem kurzen Moment, in dem der Wecker sich das erste Mal zu Worte meldet und man realisiert, dass er es tut. Von da an altert man ungeachtet der Biologie auf einmal rapide, und zwar täglich ein wenig mehr.
Hier ist guter Rat teuer. Zum Glück gibt es etwas besseres.
Vor vielen, vielen Jahren, wohl etwa um 900 nach Christus - also zu dem Zeitpunkt, zu dem sich morgens der eigene Geburtstag durch magische Hand zu verschieben scheint - wurde in der Region Kaffa in Äthiopien dieses wunderbare Getränk das erste mal erwähnt. Von wem, weiss heute keine Sau und mal ehrlich: wer sich morgens bei Starbucks oder in sonst einem Verkäufer von Flüssigem Dessert und Diabetes einen "Caramel Macchiato mit weisser Schokolade und einem entkoffeinierten Shot Cinnamon-Espresso" bestellt, dem ist das auch latte. Wörtlich, teilweise.
Doch wir haben den Kaffee unterdessen in unseren Häusern willkommen geheissen, trinken ihn in allen möglichen Farben und Formen und teils auch auf Arten und Weisen, die zwar nicht auf dem Wunsch, wacher durchs Leben zu gehen fussen, dafür aber auf einer exzellenten Marketingstrategie.
Rocket Coffee zum Beispiel. "Die Neuheit aus Tibet", wurde es angepriesen und hat mit Tibet etwa so viel zu tun wie aus Walnussholz gezimmerte Massagestäbe zur allgemeinen Belustigung der unteren Körperregionen, doch es scheint zu ziehen. Auf einmal ist es "hip", sich morgens nicht nur eine Tasse heisser Lava einzuverleiben, die so stark gebraut ist, dass sich der Silberlöffel schon nach kurzem Kontakt damit auflöst, sondern auch, in dieses wunderbare Konzept... Butter einzurühren. Womöglich noch mit Kokosöl, das zwar nicht nach Kokosnüssen schmeckt, im Regenwald letzten Endes aber doch die gleichen Spuren hinterlässt wie, nun, eben ein Bulldozer im Regenwald.
Nein, mir ist schon klar dass das alles absolut toll ist! Ich mag's ja selber, das gebe ich zu. Das Gebräu schmeckt wie ein cremiger Cappuccino und wer könnte da schon "nein" sagen. Dazu ist es bis auf die Butter sogar vegan und man kann sich bestens einreden, dass man, wenn man das Zeugs mit Margarine anstelle von Wiesenbutter von glücklichen Kühen braut, tatsächlich sogar etwas Gutes für die Umwelt tut. Auch kann man sich bestens davon überzeugen, dass es dabei hilft, abzunehmen, wobei mich diese Idee nach wie vor etwas seltsam anmutet. Wenn ich mir morgens um fünf an die vierhundert Kalorien aus reinem Fett in die Figur zimmere und das mit einer Menge Koffein versetze, die normalerweise reichen würde, Omma's tote Katze wiederzubeleben, dann werde ich zwar wach und irgendwie auch aktiv, doch ob ich davon Gewicht verliere?
Is' mir am Ende ja auch egal. Fakt ist: ohne Kaffee wäre die Welt ein anderer Ort. Meine persönliche zum Beispiel wäre deutlich stressreicher, da ich immer wieder verschlafen würde und dann keinerlei Zeit mehr hätte, alles zu erledigen, was ich mir vornehme.
Natürlich macht das müde, doch ruft dann eine weitere Erfindung, die eigentlich eine Auszeichnung verdient: die Kaffeepause. Ein kleiner Moment Zeit, um zu geniessen. Geschmack. Koffein. Die Geschichte greift nach uns, durch den Nebel der Zeit, an kurzen, spontanen und bald wieder vergessenen Alterungsprozessen vorbei direkt ins Kleinhirn. Die Pointe?
Gibt's nicht. Geniesst, was euch Spass macht. Und trinkt Kaffee.
Herzlich,
Fabian
86/365
Comments