Schrödingers Katze kennt ihr, oder? Ich habe darüber glaube ich schon mal geschrieben, bin in dem Moment aber ganz ehrlich zu faul, um alles nochmals zu durchsuchen. Irgendwo steckt sie, die Mieze, und mit ihr die Allegorie von Schrödingers Athleten. Da will ich heute anknüpfen.
Kurz zusammengefasst: Schrödingers Katze ist sowohl tot als lebendig, zumindest im Bereich der theoretischen Physik. Schrödingers Athlet ist seinerseits sowohl erfolgreich als auch nicht - im Bereich des theoretischen Triathlons. In der Praxis sieht es hingegen so aus, dass sich besagter Athlet mehr durch einige ziemlich schwierig zu lösende, mentale Blockaden auszeichnet. Zum Beispiel:
- Er "kann" nur trainieren, wenn sein Wochenplan ein gewisses Mindestpensum umfasst.
- Wenn er nicht in jedem Training einen völlig neuen Reiz bekommt, "taugt das Training nichts".
- Er "braucht" jeden Tag jede Disziplin.
- Wenn er bei einem Training "nichts merkt", bringt es ihn nicht weiter.
- Wenn er sich denken kann, dass er ein Training nicht spüren wird, kann er es gleich bleiben lassen.
...und natürlich gibt es da noch mehr.
Das soll nun in keinem Fall abschätzend sein. Im Gegenteil, es geht hier ja um etwas, das einem das Leben ganz schön schwer machen kann. Was auf den ersten Blick (und auch im direkten Gespräch, bekommt man solche Dinge zu hören) vor allem arrogant und besserwisserisch wirken mag, ist in Wirklichkeit ein Zeichen massiver Unsicherheit. (Okay, und manchmal auch einfach von Arroganz und Überheblichkeit, die Ausnahme bestätigt natürlich auch hier die Regel).
Tatsächlich ist so ein Denkmuster nichts anderes als der Ausdruck kompletter Unsicherheit. Denn: solange man nicht trainiert, ist man sowohl erfolgreich als auch nicht, wie gesagt. Entscheidet man sich aber für EINEN Weg, also quasi EIN Training, heisst das sofort, dass man ALLE ANDEREN Trainings nicht mehr machen kann und sich deshalb darauf verlassen muss, dass es das richtige ist. geht man unter diesem Gesichtspunkt die oben genannten Argumente nochmals durch, erscheinen sie in einem anderen Licht.
Man könnte meinen, dass hier ein Coach - also ich in meinem Beruf - helfen sollte. Manchmal ist das auch tatsächlich der Fall. Dann lösen sich diese Blockaden und die Athletinnen und Athleten fassen Selbstvertrauen, erreichen unglaublich viel und können sich ihres Lebens (und ihres Sports) erfreuen.
Manchmal... manchmal aber auch nicht.
Es kommt durchaus vor, dass sich diese Unsicherheit trotz allem weiterzieht. Das führt dann meistens dazu, dass Coach und Athletin / Athlet früher oder später aneinander geraten. Aus so einem Hamsterrad zu entkommen, ist sehr schwer. Meistens endet es damit, dass eine der beiden beteiligten Parteien die Zusammenarbeit kündigt. Ein neuer Coach wird gesucht und gefunden. And repeat.
Ich kenne viele Athletinnen und Athleten, die in den letzten Jahren alle ein bis zwei Jahre ihren Coach oder Trainer gewechselt haben. Zu Anfang ist das immer toll, dann kommen die gleichen Probleme wieder. Und dann... ich wiederhole mich: and repeat.
Was hat das alles mit mir zu tun?
Nun... ich spreche da ja nicht nur aus der Theorie. Auch ich bin gerade mal wieder an einem dieser Punkte, an dem ich sehe, was getan werden muss, an dem ich aber gleichzeitig fast verzweifle. Werte ich meine eigene Diagnostik richtig aus? Bin ich dann in der Lage, mir selbst die richtigen Trainings zu planen? Kann ich sie durchziehen? Und, und, und...
Natürlich ist das etwas paradox. Analysiere ich Diagnostische Daten meiner Kundinnen und Kunden, so kann ich immer voll und ganz hinter meinen Interpretationen stehen. Vermutlich, weil ich die ganzen Unsicherheiten nicht spüren muss, die sagen: ja, aber... Ich sehe, was ist, sehe, was sein soll und bin in der Lage zu erkennen, wie man dorthin kommt.
Bei mir selbst fällt mir diese Entscheidung immer wieder schwer. Dennoch bin ich gespannt darauf, was passiert, wenn ich mich das nächste Mal auf den "Prüfstand" begebe. Vielleicht überlebt die Katze ja?
Herzlich,
Fabian
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