Sprechen wir von Triathlon ist natürlich impliziert, dass es sich dabei im Schwimmen, Rad fahren und Laufen handelt. Und ja, im Wesentlichen ist es das auch: zuerst schwimmt man, dann schwingt man sich auf ein Rad und am Ende läuft man noch, alles unterschiedlich schnell und unterschiedlich lang. Aber ist das alles?
Als ich meinen Weg zu diesem wunderbaren Sport fand, faszinierte mich vor allem anderen das Wort "Triathlon" selbst. Es klang irgendwie... gross, nach etwas nicht alltäglichem. Der Gedanke an Gladiatoren kam auf, an Olympische Helden der Antike, Kämpfe, die in erster Linie im Kopf stattfanden. Natürlich wurde das nach Kräften untermalt von... nun, allen, die sich bereits den Stempel des Dreikampfes aufgedrückt hatten und einen jungen Mann mit grossen Augen beeindrucken wollten. Hat wohl geklappt.
Dennoch ging es nicht lange und ich begann herauszuhören, dass es offenbar Disziplinen gab und gibt, die einigen mal mehr, mal weniger lagen und liegen. Natürlich kam ich auch eventuell an diesen Punkt, an dem ich merkte, dass ich das eine ein wenig besser beherrschte als das andere, doch schon von Anfang an war für mich klar: Favoriten sollte es nicht geben. Nur, weil man eine Disziplin (noch) nicht so gut beherrschte als die anderen beiden war das kein Grund, sie zu vernachlässigen.
Was mir ebenfalls schnell auffiel war, dass dieses "ich-kann-das-nicht-so-gut" in erster Linie das Schwimmen betraf. In dem Verein, in dem ich meine ersten Jahre trainierte, lief das Training jeweils so ab, dass Dienstag und Freitag Abend von sieben bis acht erst gelaufen wurde, anschliessend hies es: ab in den Pool. Zwar wurde hier hin und wieder durchaus miteinander geschwommen, doch in erster Linie fand das Training neben dem Becken statt, in Form von Gesprächen, die beim Laufen begonnen, im Schwimmbad weitergeführt und dann irgendwann in der "Stammkneipe" beendet wurden. Da ich weder mit Lokaler Politik noch anderen heiss diskutierten Themen etwas anfangen konnte, nutzte ich die Zeit wofür sie meiner Meinung nach eigentlich gedacht war: um zu schwimmen.
Es ging nicht lange bis ich zwei Dinge merkte: Zum einen, dass mir die erste Disziplin irgendwie zu liegen schien und zum anderen, einmal mehr, dass es in der Schweiz nicht gerade gerne gesehen wird, wenn man Dinge hinterfragt, die man... nun, die man eben "einfach so macht". Nachdem man mir einige Male über den Mund gefahren war, verkniff ich meine Kommentare mehr und mehr, beschloss stattdessen, es eben auf eigene Faust zu machen. Denn: ich wollte schneller schwimmen, und einige Dinge, die wohl als "Trainingsmethoden" galten, machten in meinen Augen schnell einmal keinen Sinn. Allem voran die Tatsache, dass sich offenbar niemand darüber Gedanken machte, dass ein Wettkampf nach dem Schwimmen ja gerade erst los ging und nicht, wie bei reinen Schwimmerinnen und Schwimmern, bereits wieder zu Ende. Warum sollte ich als Triathlet also trainieren wie ein Schwimmer?
Auch, was die Technik anbelangte, kamen Fragen auf. Warum machte man DIES hier so, DAS aber nicht? Was hatte es HIERMIT auf sich? Und so weiter. Die Antworten fielen meistens gleich aus: weil man das eben so macht. Schau' mal Michael Phelps an, der macht das so und so.
Michael Phelps.
Michael Phelps ist 1,93m gross, hat eine Armspanne von 2,04m, eine Armlänge von etwa 41cm und eine Schuhgrösse 48 bis 49.
Ich... nicht. Ich bin 1,78m gross, kenne meine Armspanne nicht, habe auch keine Ahnung, wie lange meine einzelnen Arme sind und trage meistens Schuhgrösse vierzig. Oft Damenschuhe, da meine Treterchen auch noch schmal sind.
Warum um alles in der Welt sollte ich Schwimmen wie dieser Modellathlet? Das war und ist mir rein physisch nicht möglich. Was ich hingegen tat war, mir Michael Phelps ANZUSEHEN.
Dabei fiel mir auf, dass das einmal mehr irgendwie niemand zu machen schien. Michael Phelps und sein Trainer, Bob Bowman, arbeiteten wie versessen an technischen Details. Wie er seine Arme aus dem Wasser nahm, sie wieder eintauchte, wie er im Wasser zu gleiten vermochte, wie er seine Füsse einsetzte... das war einzigartig. Da war nichts Zufall und die beiden gingen so weit, dass sie sich sogar auf einzelne Gliedmassen konzentrierten - was der Grund dafür war, weshalb es lange Zeit so aussah, als schwimme Phelps asymmetrisch. Der Hang zur Perfektion begann schon beim Sprung vom Beckenrand. Ich konnte mir endlose Abfolgen von Startsprüngen ansehen, versuchte, sie nachzuvollziehen und dann im Rahmen meiner eigenen Möglichkeiten zu implementieren.
Das alles wurde ergänzt von meinem eigenen Sturmschäden, den ich hier einmal lieber "Ehrgeiz" nenne. Klingt schöner. Ich wurde im Wasser zum Akribiker, Pedanten, Perfektionisten. Und bin es immer noch.
Mit der Zeit entwickelte ich meine eigene Trainingslehre, die mir auch einige Türen öffnete. Meine "Element-4", wie ich sie nannte, brachte mich am Ende in Kontakt mit meinem ersten Trainer und späteren Lehrer und sie ermöglichte es mir, mich in meiner ersten Profikarriere zu einem der besten Schwimmer in der Schweizer Triathlonszene zu mausern.
"Du warst sicher schon seit Kindesbeinen im Pool!" - das war und ist eines der schönsten Komplimente, die man mir jemals gemacht hat. Denn nein, war ich nicht. Tatsächlich war ich sieben oder acht Jahre alt, als ich endlich schwimmen lernte und die Ausflüge ins Wasser, die ich davor unternahm, endeten meistens nach knapp fünf Minuten mit völliger Unterkühlung, blauen Lippen und allem, was dazugehört. Hinzu kam mein Asthma - auch nicht unbedingt die beste Voraussetzung, wenn man beim Schwimmen den Kopf unter Wasser halten soll und nicht immer gerade dann atmen kann, wenn man gerne würde...
Das Schwimmen war für mich von Anfang an der Teil des Triathlons, in dem ich mich am meisten zuhause fühlte. Noch heute, gute 21 Jahre später, schwimme ich für mein Leben gerne und kann es kaum erwarten, wieder regelmässig in den Pool zu gehen und dort weiter an dem zu arbeiten, was ich mir vorgenommen habe: wieder an die Spitze zu kommen.
Herzlich,
Fabian
97/365
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