"Ein anderes Mal", schrieb ich gestern in Bezug auf das Thema "Alter" und dergleichen. Okay - das wäre also jetzt der Fall. Sprechen wir über das Alter.
Tatsache ist, dass ich sehr selten gute Dinge über das Älterwerden höre. Früher war alles besser. Früher ging es noch einfacher. Ja, man ist halt keine 20 mehr. Ach, weisst du, in meinem Alter... Ach nein, lass mal, das ist nun mal so wenn man älter wird. Solche Sachen.
Es gibt Dinge, die bringen mich schneller auf die Palme als von einem hungrigen Krokodil verfolgt zu werden. (Kremser. Also wirklich. Was Allegorien angeht... schwach, das kannst du besser!) Doch derzeit dient es dem Zweck. Eines dieser Dinge ist Faulheit, ein anderes ist stille Akzeptanz von in den meisten Fällen selbst verursachten Leiden, nicht selten durch FAULHEIT verursachte Leiden. Und die Sache mit dem Alter gehört dazu.
"Früher war alles besser!"
Was für ein Käse. Früher hatte ich Asthma-Attacken, die meine Atmung wie die Trompeten von Jericho pfeifen liessen. Seit einiger Zeit ist das nicht mehr so und der Grund dafür ist eben NICHT, dass ich es einfach akzeptiert und ein Leben im Siechtum hingenommen habe, sondern das Gegenteil. Noch früher... klar, einiges war einfacher, doch nur schon die Klimaanlage in meinem Auto bei Stau auf der A1 im Sommer lässt mich mal ordentlich dem Fortschritt danken. Und noch sind wir weit entfernt von Asbest in den Wänden, der DDR und ähnlichen Dingen. Wenn man der Ansicht ist, dass früher alles besser war, meint man wohl meistens: bequemer. Oder: man musste sich für das gleiche Level an Bequemlichkeit weniger anstrengen, weil einem diverses ganz einfach nachgetragen wurde. Von den Eltern, den Partnern, dem Staat. Ich bleibe dabei: was für ein Käse.
"Früher ging es noch einfacher".
Okay! Das ist meistens auf den Körper bezogen und da kann ich nicht mal widersprechen. Denn: JA! Früher ging bei den meisten nur schon das bücken einfacher, das Schuhe binden, das Treppensteigen. Doch mal ehrlich: das da das Alter schuld? Könnte es nicht auch sein, dass man sich immer schlechter bücken kann, weil man auf einmal mehrere Zentner Fett mi sich herumträgt, das man sich über die Jahre beständig angemustert hat? Das unterdessen die Atmung beeinträchtigt, die Beweglichkeit, die Kraft? Und dass der Grund dafür schlicht die Bequemlichkeit ist, einmal mehr? (Ausnahmen gibt es immer, Himmel noch mal, kommt mir nicht mit "Ja, aber..."). Es hat euch niemand gezwungen, eure Abende vor dem Fernseher mit Chips und Bier zu verbringen, jeden Sonntag eine Extraportion Kuchen zu essen und Salat und Grünzeug in eine Region der Beilagen zu verbannen, in der man sie höchstens noch als seltene Begleiterscheinung klassifizieren könnte. Ja, früher mag es einfacher gewesen sein, doch das ist kein Todesurteil. Es kann wieder einfacher werden. Zu anstrengend? Dann heul' bitte leise.
"Ja, man ist halt keine 20 mehr".
Stimmt. Zum Glück! Ich bin heilfroh bin ich nicht mehr 20. Himmel, was für ein Idiot war ich damals! Ich kann nur dankbar sein dafür, dass ich zu diesem Zeitpunkt noch keinen Zugang zu sozialen Medien hatte (schlicht, weil es das noch nicht gab). Somit gibt es wenig Zeitzeugen meiner Blödheit, Arroganz und Idiotie. Ich bin dankbar dafür.
Natürlich ist das nicht damit gemeint. Meistens kommt dieser Ausspruch in Kombination einer der beiden oben genannten Punkte, doch mal ehrlich: denkt mal daran zurück wie es war, als ihr 20 wart. WIE ihr wart. Vermisst ihr das so sehr? Ich bin ehrlich gesagt recht froh, muss ich das nicht mehr. Und ich kann auch ganz ehrlich sagen: seit ich 30 bin, wird's eigentlich nur noch geiler. Das Älterwerden ist nur dann etwas tragisches, wenn ihr es als Ausrede benutzt, euch immer schlechter zu fühlen und inaktiver zu sein. So.
"Ach weisst du, in meinem Alter..."
Sei ehrlich mit mir. Was du sagen willst ist: "Ich habe keine Lust darauf". Oder: "Ich traue mir das nicht zu". Oder: "Ich will mich nicht anstrengen". Das ist okay, doch nenn' das hässliche Kind beim Namen.
"Ach nein, lass mal, das ist nun mal so wenn man älter wird."
Mein Liebling unter diesen Zitaten. Es wird meistens dann auf mich abgefeuert, wenn ich mir erst eine gute Zeit lang angehört habe, wie mies und schlecht alles ist und ich es mir irgendwann nicht mehr verkneifen kann zu sagen: Nun, da könnte man aber etwas ändern. Ich weiss, ich weiss. Nicht schlau. Sollte man nicht tun und es gelingt mir auch immer besser und öfter, die Fresse zu halten. Aber halt nicht immer.
Und dann kommt's: Ach nein, lass mal, das ist nun mal so wenn man älter wird.
Ich könnte toben, kotzen und schreien. NEIN. Ist es in 99% der Fälle verdammt noch mal NICHT! Doch du entscheidest dich gerade dafür, dich schlecht, mies, unfit und ungesund zu fühlen. Weil du es unterm Strich nicht anders willst! Und du willst auch nichts ändern, du suchst nur nach Bestätigung deiner Misere. Da bist du bei mir nur leider an der falschen Adresse...
Einmal mehr. Ausnahmen, nun, ausgenommen. Es GIBT Dinge und Schicksalsschläge, an denen sich nicht viel ändern lässt. Mir fällt nur wieder und wieder auf, dass die wirklich Betroffenen selten solchen Quark von sich geben sondern wieder und wieder aufzeigen, dass alles letzten Endes wieder Einstellungssache ist und eine Frage dessen, wie man mit dem eigenen Leben umgeht.
Was ich eigentlich sagen will ist: liebe Menschen, das Leben ist doch mehr als in Jugendjahren ein wenig doof zu sein, dann gesellschaftlich akzeptabel zu werden und am Ende die Gesundheit in ihrem Dienste zu opfern. Hört auf, das Alter für eure Unpässlichkeiten verantwortlich zu machen und behaltet euer "Ja, aber" bitte für euch. Wenn ihr etwas ändern wollt tut es. Es ist NIE zu spät.
In diesem Sinne.
Herzlich,
Fabian
058/365
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